Folge 7 | 1. Februar 2021 | 76 Minuten

Wie führt man einen landwirtschaftlichen Betrieb?

In dieser Folge treffen wir uns mit Eike und Jan Hendrik, beides Landwirte im Braunschweiger Land. Beide sind auf dem Hof aufgewachsen, den sie schließlich vor einigen Jahren von ihren Vätern übernahmen. Eike und Jan Hendrik erzählen uns, woraus der Arbeitsalltag eines Landwirtes heute besteht, wie es ist Mitarbeitende zu führen, die man von Kindertagen an kennt, worauf sie dabei besonderen Wert legen.

Bevor sie die Familienbetriebe übernommen haben, schnupperten beide nach dem Studium noch einmal Unternehmensluft und konnten auch Erfahrungen in der Rolle als Mitarbeiter sammeln. 

Beide beschreiben uns ihren Arbeitsalltag als sehr abwechslungsreich – kein Tag gleiche dem anderen. In der Landwirtschaft kann man durch die Art der Arbeit sogar sagen, keine Woche, kein Monat gleicht dem anderen. Beide arbeiten im Einklang mit der Natur, den Jahreszeiten und dem Wetter, denn diese Faktoren bestimmen, was am Tag zu tun ist. Dabei arbeiten alle im Betrieb auf das große Highlight des Jahres hin, das: die Ernte. Eine Zeit, in der alle auch mal länger und mehr arbeiten müssen – was für alle in den Betrieben aber gut auszuhalten ist, denn die Ernte ist das Ergebnis aller gemeinsamer Bemühungen des gesamten Jahres. Das Jahr wird bei Landwirten auch anders gerechnet, es startet nach der Ernte und endet mit der Ernte oder wie unsere beiden Interviewpartner sagen: Nach der Ernte ist vor der Ernte. Was auch bedeutet, dass jedes Jahr eine neue Chance mit sich bringt, alles nochmal neu zu machen. 

Überrascht hat uns außerdem, wie viel Zeit ein Landwirt mit Bürotätigkeiten verbringt und Administratives abarbeitet oder komplexe Arbeitsprozesse plant.

Wir erfahren, dass sie teilweise nicht mal die Maschinen fahren können, welche grundlegend sind für landwirtschaftlichen Arbeiten. Eike erzählt, dass er nicht Mähdrescher fahren kann, Jan Hendrik sagt zwar, dass er es kann, aber meist nur fährt, wenn seine Mitarbeitenden Pause auf dem Feld machen. Eigentlich besteht ihre Aufgabe in der Erntezeit mehr in der Koordination der Mähdrescher, Felder und dem Lagern der eingefahrenen Wahre. 

„Ich kann auch nicht Mähdrescher fahren.“

Beide eint, dass sie viel Zeit damit verbringen, sich einen Überblick über die anstehenden Arbeiten zu verschaffen und die entsprechenden Arbeitsprozesse darauf hin zu planen und mit den Mitarbeitern abzustimmen. Dabei gehen sie auch in den Austausch mit ihren Mitarbeitenden, denn am Ende sind die ebenso die Experten für ihre Fachgebiete und haben Ideen, wie welche Arbeiten optimal auszuführen sind.

„Ich gebe eher das Ziel vor, wie das hinterher aussehen soll…und lasse den Mitarbeitern dann den Freiraum, sich da auch selber mit einzubringen, damit sie sich Gedanken darüber machen, was man noch verbessern kann.“

Über ihre Art zu führen erfahren wir, dass sie den Mitarbeitenden gern den Raum geben, selbst Verantwortung zu übernehmen und ihre Ideen mit einzubringen. Sie schätzen es wert, wenn die Mitarbeitenden sich mit ihrer Arbeit und dem gemeinsamen Ziel identifizieren und dann auch verantwortungsvoll Entscheidungen zu treffen. Dabei erleben sie, dass für sie selbst wieder Ressourcen frei werden für andere Aufgaben im Betrieb, wenn sie sich auf ihre Mitarbeitenden verlassen können. Ressourcen, die sie dann nutzen, um Arbeitsabläufe zu organisieren, die nächsten Schritte zu planen aber auch den Betrieb weiter zu entwickeln, um ihn auch langfristig erfolgreich zu halten und für alle Mitarbeitenden das Einkommen zu sichern.

„Wir sind ein Team. Wenn jeder seine Ideen zur Erreichung des Ziels beiträgt und man dann das beste raussucht, kann das ein schönes Ergebnis werden.“

Sie erleben aber auch, so wie andere Führungskräfte das ebenso kennen, jeder Mitarbeitende muss unterschiedlich geführt werden. Der eine braucht mehr Freiraum, der andere mehr Austausch und Sicherheit über mehr Präsenz des Betriebsleiters. Ein Umstand, den sie auch mit anderen Führungskräften teilen. 

Klingt, als wären sie die perfekten Führungskräfte? Naja…wir erfahren auch, dass auch sie natürlich noch lernen und eben nicht immer alles perfekt ist. So erzählt uns Eike, wie er auch schon Kritik seines Mitarbeitenden einstecken musste, das ihn nach wie vor beschäftigt, weil er daraus lernen will. Hier ging es darum, dass ein Verbesserungsvorschlag des Mitarbeitenden nicht gleich umgesetzt werden konnte. Außerdem wurde der Wunsch nach mehr Präsenz von Eike gewünscht. 

Hier resümieren beide, dass es als Führungskraft auch wichtig ist, Entscheidungen transparent zu machen und auch zu erklären, warum Dinge umgesetzt werden können oder eben nicht. Warum man manchmal präsenter sein kann und warum es auch Zeiten gibt, in denen weniger Präsenz möglich ist.

Wenn Mitarbeitende einladen werden mitzudenken, Ideen einzubringen, dann können sie das nur, wenn sie auch Informationen über den Betrieb haben und verstehen, warum Entscheidungen wie getroffen werden. Hier braucht es das Miteinander also von beiden Seiten. 

Wir erfahren von den beiden, dass es im Prinzip auch für sie keine Vorbereitung als Führungskraft gab. Etwas, das wir auch schon in den vorangegangenen Interviews gehört haben. Den Übergang vom Kind des Chefs zum Chef war für beide nicht immer einfach. Die Mitarbeitenden haben sie nicht sofort ernst genommen, Vertrauen mussten sie sich hart erarbeiten. Ein jahrelanger Prozess, wie beide erzählen. In die Rolle mussten sie erst hineinwachsen – nicht vorbereitet durch Führungskräfteprogramme, wie es in den meisten größeren Unternehmen sonst üblich ist.

Anders als Führungskräfte in Unternehmen, die nicht familiengeführt, begleitet die Nachfolger im Familienunternehmen oft, dass Mitarbeitende des Unternehmens sie manchmal schon aus Kinder- und Jugendtagen kennen, diese vielleicht mal selbst angeleitet haben. 

„Ich mach das einfach gerne.“

Das buchstäbliche Hineinwachsen in das Familienunternehmen bringt bei beiden, aber auch mit, dass sie sich besonders mit ihrer Arbeit und ihrem Unternehmen identifizieren. Etwas, das wir auch bei Dennis schon gehört haben. 

Unabhängig davon, ob der Hof übernommen wird, fanden beide den Bereich schon als Kind toll und hätten sich auch in anderen Bereichen in der Landwirtschaft das Arbeiten vorstellen können. Es ist eine Grundbegeisterung für die Landwirtschaft da. Die Vielseitigkeit ist das, was es für beide so spannend macht. 

Auch hier hören wir aber die Balance zwischen dem Gefühl von Freiheit durch die Selbstständigkeit und gleichzeitig das „immer Arbeiten“, auch mal am Wochenende und im Urlaub. Als selbstständiger Unternehmer haben auch sie nie wirklich frei, sind mit dem Kopf irgendwie immer im Unternehmen – was für sie aber nicht ständig belastend ist.

Ein schönes Resümee schließen sie, als sie beschreiben, dass man sich als Chef im Prinzip nicht zur Ruhe setzen kann, sondern ständig an der Beziehung zu den Mitarbeitenden und der Gestaltung der Zusammenarbeit arbeiten sollte.

In diesem Sinne…hört selbst mal rein!